Instrument des Jahres: Trompete



Mitten im Nerv der Musik

23.04.2009

Kieler Nachrichten vom 23. April 2009

Landesjugendorchester beendete seine 50. Arbeitsphase mit einem Konzert im Kieler Schloss

Kiel – Da war der Kulturchef des Landes zur rechten Zeit am rechten Ort: Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ließ es sich am Dienstag Abend zu Recht nicht nehmen, dem bestens disponierten Landesjugendorchester Schleswig-Holstein zum Abschluss der 50. Arbeitsphase im Kieler Schloss höchst selbst zu gratulieren.

Carstensens Kompliment an die Förderarbeit des Landesmusikrats uneingeschränkt zurückzugeben, wäre dessen Präsident Klaus Volker Mader vermutlich nicht leicht gefallen. Denn die Schulreformpolitik der Landesregierung gefährdet die musikalische Basisarbeit, die für solch weit überdurchschnittliche Leistungen erst die Voraussetzungen schafft und die herbeizitierten positiven Effekte von musikalischer Bildung in die volle Breite der Schülerschaft trägt, nachhaltig. Qualifizierter Musikunterricht wird im Norden mehr und mehr zur Ausnahme in den Schulen.

Noch glänzt die Auswahl-Jugend: Wie das Landesjugendorchester Wolfgang Rihms mal scharfkantig aggressive, mal sanft fließende Klangeruptionen in der Verwandlung 4 auf den Punkt brachte, war großartig und fesselnd. Der bedeutende Musikwissenschaftler und Dirigent Peter Gülke, eingesprungen für den erkrankten, aber zum Glück und als schöne Geste im Konzert anwesenden ehemaligen Kieler Generalmusikdirektor Klauspeter Seibel, traf mit dem LJO den Nerv der Musik.

Es war hochinteressant zu erleben, dass die Schüler und jungen Musiker von heute wahrhaft Heutiges von Rihm leichter auf den Punkt zu bringen vermögen als ein über 200 Jahre älteres Werk wie Joseph Haydns Trompetenkonzert Es-Dur. Eigentlich kam erst im Finale der geistreiche Witz des Klassikers befreit zum Vorschein. Im behutsam abgetönten langsamen Mittelsatz war aber auch Gülke ein wenig „nach-lässig“ mit dem Puls der Musik umgegangen.

Dafür hatte man durchweg seine große Freude am sahneweichen Ton des Trompeters Johannes Bartmann, der bei Matthias Höfs in Hamburg studiert. Etwas mehr freche Attacke hätte das solistische Profil gleichwohl noch geschärft. Aber wenn das „Instrument des Jahres“ so schön klingt, wird man das Projekt des Landesmusikrates weiter mit offenen Ohren verfolgen.

Ein Lehrstück in Sachen Transparenz und Feintuning zwischen den Orchestergruppen lieferte das LJO nach der Pause – und das ausgerechnet mit Antonin Dvoráks Sechster Symphonie D-Dur op. 60, einem Werk, das allzu gern etwas derb folkloristisch hingetanzt wird, aber viele kleine Klippen und rhythmische Widerhaken enthält. Doch Gülke leuchtete zwischen die Notenzeilen, forderte und erntete Disziplin und Genauigkeit. Den Furiant hat man deshalb schon schmissiger, aber kaum jemals so vielgestaltig gehört. Und das Finale gelang mit rasanter Steigerung zum Schluss wirklich „con spirito“. Bravi und anhaltender Beifall.

 

Von Christian Strehk

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Kieler Nachrichten vom 23.4.09