Instrument des Jahres: Trompete



Musikalisch Nagel auf den Kopf getroffen

29.07.2009

Insel-Bote vom 29.7.2009

Wenn im Wyker Kurgartensaal diverse Finger schnippen, Fußspitzen wippen oder auch andachtsvoll gelauscht wird, kann das nur heißen: „Jazz goes Föhr“ hat Saison. Im Mittelpunkt des zwölften Festivals stand neben einer erlesenen Auswahl unterschiedlicher Musiker die Trompete als „Instrument des Jahres“.

Wyk/ipu

– Die Trompete stand zwar im Mittelpunkt des Föhrer Jazzfestivals, doch los ging es unter dem Motto „Jazz und Lyrik“ mit den Stimmakrobaten des A-capella-Quartetts „Klangbezirk“. Das Motto „Liebe und so…“ ließ nicht nur Raum für passend arrangierte „Flugzeuge im Bauch“, sondern korrespondierte auch wunderbar mit den Rezitationen der Föhrer Künstlerin Nele Andresen. Gemeinsam mit den Vokalisten Barbara Bürkle, Tanja Pannier (Mezzosopran), Juan Garcia und Matthias Knoche (Bariton) gestaltete Adresen den Abend mit Texten von Bukowsky und Brecht. Und drei Eigenen, was ihr einen schmeichelhaften Rüffel bescherte: „Sie hätte nur eigene Sachen nehmen sollen, dann wärs noch besser“, so Stimmen aus dem Publikum.

Das ein Konstrukt zweier noch „Fast-Teenie“-Brüder nicht nur Zank und Streit, sondern sogar wunderbaren Jazz produzieren kann, bewiesen Julian und Roman Wasserfuhr gemeinsam mit Benjamin Garcia (Bass) und Oliver Rehmann (Drums) an Tag zwei. Das brüderliche Konzept aus Trompete und Piano trägt schon seit vier Jahren körbeweise Früchte, die beiden wurden mit Preisen und Lobeshymnen überhäuft, selbst der große Jazzer Nils Landgren hielt den Steigbügel für die zweite CD. Supertalent und Blutsverwandtschaft schaffen hier wohl beste Voraussetzungen für eine große künftige Musikerkarriere.

Die hat Ack van Rooyen mit knapp 80 Jahren schon hinter sich – könnte man meinen. Doch vom Altenteil ist dieser Musiker noch meilenweit entfernt, denn einem der weltbesten Flügelhornisten blitzen Genie und Spielfreude immer noch kongenial aus den blauen Augen. Über Jahrzehnte hat der Niederländer mit den Großen seiner Zeit auf allen Bühnen gestanden. Doch er freute sich auch auf Föhr, den „Youngstern“ seiner Begleitcombo noch richtig Zunder zu geben. Paul Heller, Tenorsaxophonist und Komponist, war ebenso in Spiellaune wie Hubert Nuss (Piano), Benjamin Garcia (Bass) und Vokalistin Fay Claasen, einer der ganz großen aufgehenden Sterne am europäischen Jazzhimmel, so das Lob vom „Ritter des Jazz“ (ausgezeichnet 2006) Ack van Rooyen. Und der muss es schließlich wissen.

Was sie tags darauf von „Jazul“, dem Ingolf-Burkhardt-Quartett zu erwarten hatten, wussten begeisterte Zuschauer im voraus. Jazzig-funkige Coverversionen von Rio Reiser, Sting oder Toto, Standarts, eigene Titel und alles mit enormer Spielfreude. Das überwiegend jüngere Publikum „rockte“ den Kurgartensaal. Beteiligt an diesem Spektakel waren neben Burkhardt (Trompete, Flügelhorn) Bassist Achim Raffain, Gitarerro Roland Cabezas und Drumer Dezzie Paulicke.

Der letzte Abend gehörte einer großen „Lady des Jazz“, Janice Harrington, mit der Hommage an ihr Idol Dinah Washington. Nicht nur mit großer Stimme, sondern auch in ihren amüsanten Anekdoten über die unvergessene Jazz-, Gospel- und Blues-Legende tauchten doch zahlreiche Ähnlichkeiten der beiden Diven auf. Und dass die 18-fache Großmutter Harrington mit 67 Jahren aussieht wie aus dem Jungbrunnen gefallen, ist nur ein I-Tüpfelchen neben ihrer Power und Begeisterung, mit denen Hans-Malte Witte (Saxophon), Lindy Huppertsberg (Bass), Thilo Wagner (Piano) und Gregor Beck (Drums) mithalten mussten. „I got Rhythm“ – Janice Harrington traf musikalisch den Nagel des zwölften Föhrer Jazzfestivals in ihrer Abschiedsvorstellung voll auf den Kopf.

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Insel-Bote vom 29.7.2009