Instrument des Jahres: Trompete



„Trompete – so einfach wie Singen“

08.07.2009

Lübecker Nachrichten vom 8. Juli 09

Matthias Höfs, international gefeierter Trompeter aus Lübeck, ist Schirmherr für das „Instrument des Jahres“. Und er hat dazu ein didaktisches Album eingespielt.

Die Trompete ist ein Instrument, mit dem viele Bläser ein Musikerleben lang kämpfen. Sie erfordert Kondition, die Tonerzeugung ist schwierig, die Intonation auch. Das, was sich ein Musiker durch Üben angeeignet hat, ist nicht zu jeder Stunde abrufbar. Kurz: Die Trompete ist eine sehr unzuverlässige und launische musikalische Partnerin.
Sollte man ein Kind diesem Ungeheuer anvertrauen? Ja klar, sagt Matthias Höfs. „Die Trompete ist ein Instrument, auf dem man schnell Fortschritte erzielen kann“, versichert er. Höfs vermittelt Zuversicht, denn er hat eine Mission: Er ist nicht nur Professor an der Musikhochschule Hamburg und Mitglied des phänomenalen Ensembles German Brass, er ist zurzeit vor allem der gute
Geist des Projekts „Instrument des Jahres“ im Dienste des Landesmusikrates
Schleswig-Holstein. „Ich gehe oft an Schulen und lasse Kinder auf dem Instrument spielen“, berichtet er, „es ist erstaunlich, was da rauskommt.“ Er meint das positiv. Denn Höfs will dem Nachwuchs vermitteln: „Trompetespielen ist so einfach wie Singen.“
Nun gut, die Trompete glänzt und ist laut. Aber gilt sie unter jungen Leuten gegenüber der E-Gitarre nicht als unsexy? „Jaja, ich weiß“, sagt Höfs, „aber auch im Pop kommt die Trompete wieder verstärkt vor. Und: Man kann auch bei Stromausfall musizieren.“ Dass einer wie der Jazzer Till Brönner als cool gilt, erleichtere die Trompetenmission.

Für Matthias Höfs, 1965 in Lübeck geboren, war aller Anfang leicht. Als die Blasmusik des Turn- und Sportvereins Lübeck Nachwuchs suchte, wählte er mit sechs Jahren die Trompete. Er eroberte sie sich erst autodidaktisch, dann, als sein Talent erkannt wurde, an der Musikhochschule in einer Vorschulabteilung. Ihm war früh klar, dass in dem Instrument seine Berufsperspektive lag. Mit elf spielte er das berühmte Trompetenkonzert von Johann Nepomuk Hummel mit dem Lübecker Jugendorchester in der Stadthalle. „Große Sache.“ Aber er wollte ins Glied zurück, ins Orchester. Nach dem Studium war er Solotrompeter bei den Hamburger Philharmonikern, seit 1985 ist er Teil der German Brass, seit 2000 Hochschulprofessor. Höfs ist heute einer der international bedeutendsten Vertreter seines Fachs, man könnte sagen: ein Star; wenn er nicht so bescheiden wäre. Er ist ein brillanter Solist – doch pflegt er keinen Personenkult wie ehedem ein Maurice André*. Er beherrscht die ganze Vielfalt des hohen Blechs – aber er ist nicht so allgegenwärtig wie Ludwig Güttler; er ist auch in der Neuen Musik zu Hause – aber er gibt sich nicht so betont modisch wie ein Håkan Hardenberger. Höfs ist einer, der bei Konzerten auflebt, der, wie jüngst im Lübecker Dom, ein ganzes Kirchenschiff beherrscht und zum Klingen bringen kann. Auf seinem soeben veröffentlichten Album „The trumpet shall sound“ hat er etwas von seiner Kunst konserviert. Er bläst darauf nicht nur Musik von Händel bis heute, er versteht es auch, historische Instrumente der jeweiligen Epoche gemäß einzusetzen: Barock- und Klappentrompete, Kornett oder Piccolo. Dieses zum Teil sehr sperrige Blech kann man nicht einfach ansetzen und blasen, man muss es zuvor studieren, geradezu domestizieren. „Die Unvollkommenheit dieser Instrumente ist besonders reizvoll, ihr ganz eigener Klang“, sagt Höfs dazu.
Die CD verfolgt wie das Projekt „Instrumentdes Jahres“ einen pädagogischen Zweck: Die Lehrstücke überfordern auch Klassik-resistente Realschüler nicht, das Booklet kann als Material imMusikunterricht verwendet werden. Lehrer, die darauf zurückgreifen, sollten versuchen, Matthias Höfs in ihren Unterricht zu locken. Er ist ein überzeugender Missionar und zeigt, dass sein Instrument nicht nur laut und glänzend ist. Er kann auch vielfarbig und leise spielen.

Hintergrund

Am Sonnabend, 26. September, veranstaltet der Landesmusikrat Schleswig-Holstein in Lübeck einen „Trompetertag“ im Rahmen seiner Initiative  "Instrument des Jahres“. Der Tag wird beginnen mit Choralblasen der nordelbischen Posaunenchöre in der Innenstadt. Danach werden auf dem Marktplatz Blasorchester und Big Bands auftreten, und Matthias Höfs wird gemeinsam mit seinen Kollegen Hans Gansch (Salzburg) und Eric Aubier (Paris) die hohe Kunst des Trompetenspiels demonstrieren. Am Abend treten die drei im Kolosseum mit den Lübecker Philharmonikern auf.

 

Von Michael Berger

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